Ankunft 4. November 2004

Es regnet in Strippen als Eva Brücker und ich mit der gemieteten 3 Liter Dodge Sportcoupe-Schleuder aus New Haven kommend in New York am Kennedy International Airport ankommen.

Wir verabschieben uns am Airtrain. Sie geht zum Flieger zurück nach Deutschland und ich zum Subway. Gleich die erste Begegnung, nachdem ich allein bin, hat, scheint mir, etwas symbolisches. Ein Mann kommt mir auf dem Weg mit einem Koffer offensichtlich in Richtung Terminal eilend entgegen. Bevor ich irgendetwas begreife, gibt er mir ein Subwayticket, meint: "Hey, its available til Monday!". Ich kann grad noch:"Oh thank you!", rufen da ist er auch schon verschwunden. An den Schranken vom Airtrain stelle ich mich völlig blöd an. "Natürlich" muß der Airtrain am Kennedyairport extra bezahlt werden. Mit 5 Dollar ist man dabei. Ich versuche die gerade geschenkte Karte, aber sie scheint nicht zu gehen. Keine Ahnung warum, sie wandert nicht in den Papierkorb sondern in meine Tasche. Der schwarze Wachmann ist etwas genervt und reicht mich aber an einen netten Inder weiter, der einen Kiosk betreibt. Der verkauft mir dann die Tickets und lotst mich durch die Drehkreuze.
Zum ersten Mal im Subway Linie A. Wenig Weiße. Umsteigen in Linie L am Union Square. Ich fahre einen Umweg, bin eben noch neu in NY. Es wird richtig voll. Erneutes Umsteigen, Linie G. Nur eine Station, Nassau Street. Ich bin in Brooklyn und gleichzeitig in Polen. Die Frau, die ich nach dem Weg frage, hat einen slawischen Akzent. In der Station höre ich zwei Frauen auf polnisch reden und an jedem dritten Laden steht, dass man polnisch spräche.
Dann zwei Blocks weiter das YMCA. Ein 4stöckiger 30er-Jahre-Bau. Eine Frau und ein Kind kommen aus dem Eingang und ich gehe rein. Mein erster Blick innen fällt durch eine Glastür in einen Fitnessraum mit lauter stemmenden, drückenden und beugenden Männern. Links der Desk. Eine viertel Stunde später habe ich den Schlüssel und quäle mich mit dem Koffer , einen Lift gibt es nicht, drei Stockwerke höher in meinen fourth Floor. Flure und Treppenhaus müssen vor kurzem einen Anstrich bekommen haben. Es ist eine Farbe zwischen hellblau und zyan. Der Fußboden ist gebohnert, glänzt schwarz und es riecht nach Desinfiziermittel und zwar streng. Mein Zimmer ist überheizt und ein ziemliches Loch. Das Bett ist sauber aber die Kommoden nicht so vermucht wie das, was mal Auslegeware war. Der Männerwaschraum ist zwei Stockwerke tiefer. Aber es ist alles wieder gut, als ich das Fenster hochschiebe. Früher war es mal ein richtiges Fenster. Die Klimakiste begrenzt die Fensteröffnung auf ganze 30 cm. Nachdem ich meinen Kopf durch den Spalt geschoben habe, die Fenster sind nicht wirklich sauber, erlebe ich einen begeisternden Blick über die Dächer in Richtung Eastriver. In der Ferne glaube ich die Brooklyn Bridge zu sehen. Aber es ist, wie ich später feststelle, die Wiliamsburgh Bridge.

Nun ist kein Halten mehr. Ich mache mich trotz Regen auf.
Ziel, Time Square Manhattan.
Am Union Square steige ich aus dem Subway. Ich hatte auf der Karte gesehen, dass der Broadway dort beginnt und noch haben meine Füße nicht erfahren, dass Manhattan wirklich echt groß ist.

Erste Orientierungsschwierigkeiten lassen mich drei Frauen nach dem Broadway fragen. Aber ich werde entweder einfach ignoriert oder unwirsch weggewunken. Dabei sollten die NYer doch so nett sein. Der Regen wird wieder strippengleich und ich bin leicht angeknabbert, wo ich doch so gern englisch nach dem Weg frage.

Die leichte Verstimmung höre ich mit voller Lautstärke und dem letzten Konzert von Simon and Garfunkel im Central Park weg. Ich setzte die großen Augen auf und patsche in Richtung Time Square. Irgendwie gibt es hier nur zwei Blickrichtungen. Entweder man schaut nach oben oder gerade aus. Hier in NY muß der Begriff Häuserschluchten erfunden worden sein. Ich laufe immer euphorischer weiter. Die Nächste, die ich dann doch eher aus Testgründen frage, ist eine Afroamerikanerin und sehr nett. Und sie schickt mich sehr nett auf einen Umweg, wie ich viel später herausfinden werde. Die NYer denken offensichtlich, wenn es um Wege in Manhattan geht, in rechten Winkeln. doch der Broadway ist eine Ausnahme und läuft wie eine Hypothenuse.

Time Square.

Genau wie im Film, Fernsehen oder was auch immer. Alles blinkt, alles glänzt. Die Wolken hängen so tief, dass sie wie auf die Hochhäuser aufgesetzt wirken und schütten ihren Regen herunter. Die vielen Werbelichter machen in der Luft Lametta daraus das sich am Boden in tausende Spiegelscherben verwandelt. Bei dem Regen sind, scheint es, nicht so viele Leute unterwegs wie mir angekündigt wurde.

 

Ich mache gerade ein Foto unter einer Überdachung stehend, da werde ich angesprochen. Ein junger Starbucksmitarbeiter offensichtlich gerade Zigarettenpause genießend spricht mich an. "Hey you should take a shot of the Time Square strait ahead from the NYPD station right there." Dann unterhalten wir uns noch ein wenig und ich fotografiere ihn. Ich halte ihm meine Kopfhörer an die Ohren und erzähle ihm meine Simon und Garfunkelstory, letztes Konzert im Central Park und so. Aber er kennt die beiden nur so vom Namen her. Mit einem: "Enjoy the city.", verabschiedet er sich und verschwindet hinterm Tresen. Ich trinke meinen ersten und letzten New Yorker Starbuckskaffee und schlendere weiter durch den Regen. Hier am Time Square wo irgendwie ständig Stretchlimmos vorbeifahren sind lauter Billigzeugs- und Computershops. Irre. Wie können die die Mieten da zahlen?

Meine Hosen sind bis unter die Knie naß, meine Lederjacke steinschwer und ich habe Hunger.

Der Kellner ,Tim (ca. 45), im "TGI Fridays" war mit 17 bei der Army, findet den Schwarzwald Klasse, kennt Berlin aber nicht. Ich sage:"Berlin is pretty nice, but NY is incredable", er stimmt zu und erzählt von Stretchlimusinen aber als Humbees, diese Armydinger die Arnold Schwarzenegger fährt. Dann nimmt er meine Sparerips mit Guinnes Bestellung auf und wirbelt weiter. Als es plötzlich leer wird, setzt er sich zu mir und gibt mir Tips. Ich soll unbedingt zur Canalstreet gehen und Zeug kaufen und in der Dämmerung aufs Empire State. Als zwei neue Gäste kommen springt Tim im wahrsten Sinne sofort auf, um sie zu bedienen. Er kommt nochmal kurz zurück um zu erzählen, dass sein Bruder für dessen Frau ein paar Brilliantohringe in der Canal Street gekauft hat und den Preis dafür von 350 auf 150 Dollar drücken konnte. Dann hat er wieder zu tun und verabschiedet sich mit:"Tschüß!" Im TV läuft verrauscht eine neue Folge "Emergency Room" und eine schwarze Kellnerin singt einen Popsong mit der aus den Boxen strömt.
Ich verlasse den Time Square und gehe zurück in Richtung Union Square. Es hat aufgehört zu regnen und ich nehme den ganzen Weg nochmal unter die Füße. An einem Bürohaus, gibts hier überhaupt was anderes, wirft ein Mann einen großen schwarzen Müllbeutel auf einen großen Haufen Meist schwarzer Müllbeutel. Als Ich ihn frage, ob das alles von einem einzigen Tag sei, bejaht er.
23.45 Union Square. Ein Schwarzer singt "stand by me", irre, ich lege 1 Dollar in sein Gitarrencase und als die Bahn kommt gehe ich nah an ihm vorbei, worauf er mir seine Hand hinstreckt und sie herzlich schüttelt. Ich sage:"You were great",
er: "Thank you", ich steige ein.
In der Nassau Street angekommen kaufe ich mir noch ein "YMCA-ertrage-Bier". Natürlich gibt es noch Läden und Restaurants die um diese Zeit offen sind es ist ein Uhr. Im Cafe gleich um die Ecke des YMCA finden sich drei Internetcomputer. Für fünf Dollar habe ich 15 Minuten Zeit und schreibe ich noch die Ereignisse des Tages als mail für meine Lieben zu Haus. 2.00 Uhr falle ich totmüde ins Bett.