35 runter 27 rauf
Das Onahama Golf Resort ist ein eher betagtes Hotel. An den Klippen zieht sich ein Golfplatz terrassenförmig dahin. Das einzige was gar nicht geht ist die Musik im Frühstücksraum. Beatlessongs als Spieldosenklimperei ist wirklich hart zu ertragen. Dafür ist der Blick atemberaubend.
zipfel
Gute Producer, wie unsere Fuyuko Nishisato, kennen oder finden solche Hotels. Nicht zu teuer um den Produktionsetat nicht zu belasten, aber eben auch keine Absteigen ohne jeglichen Komfort.
Aber vom Seeblick abgesehen, bietet dieses Hotel noch eine Attraktion. Auf japanisch heißt sie Onsen.
Als ich mein Zimmer zum ersten Mal betrete ist eine Schublade halb aufgezogen und zwei Kimonos sagen Hallo. Es ist offenbar üblich mit ihnen im Hotel überall herumzulaufen. Man geht zu den Mahlzeiten, setzt sich in die Hotellobby oder geht ins Onsen. Es war wieder ein langer Drehtag und Toby, unser Kameramann, schlägt einen Besuch des Onsens vor. Nach kurzem Zögern - das Zimmer hat doch eine Badewanne - lege ich einen der Kimonos an und gehe mit und wir fahren ins zweite Untergeschoss zum Onsen, dem japanischen Spa.
kimono
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Zuerst legen wir unsere Schlappen im Vorraum ab. Dann betreten wir einen Raum, der auf der einen Seite wie eine Künstlergarderobe gestaltet ist. Eine ganze Wand wird von Spiegeln mit davor angebrachten Boards und Handwaschbecken eingenommen. Hier kann man sich nach Herzenslust rasieren, die Haare fönen oder pflegende Substanzen auftragen.


Die andere Seite des Raumes bietet Platz für eine Sitzgruppe vor einem Fernseher mit Fussmassagemaschienchen, eine mit spanischen Wänden abgeteilte Massageliege und Rattanregale mit Körben. Ich lege also meine Sachen in einen Korb.

Natürlich könnte ich meine Wertsachen in ein Schließfach tun. Eine ganze Batterie wie Bankschließfächer mit Kombinationsschloss steht bereit.

Dann gehts in den Baderaum. Schwarze Steinfliesen dominieren den Raum. Warme Luft schlägt uns entgegen. Wie Telefonkabinen abgeteilt stehen in vier Reihen Waschplätze.wash

Ein Plastikhocker steht vor jedem Platz, Shampoo und Duschbad sind ebenfalls anwesend und sogar eine Reibe für die Hornhaut der Sohlen. Toby zeigt mir wie es gedacht ist. Man setzt sich auf den Hocker und beginnt sich zu waschen. Es ist eine sehr angenehme und sinnvolle Variante von Duschkabine. Da traditionell denkende Japaner Duschen nur als bewegliche Wasserhähne nutzen, wie mir Toby erklärt, gibt es noch eine Schüssel, in die man das Wasser füllen kann, um es sich danach über Kopf und Körper zu schütten.
Gleich hinter der Phalanx an Waschplätzen sind die Badebecken. Eins mit Sprudel, eins ohne, aber beide mit 40 Grad schön heiß.
Einige Japaner halten sich, während sie herumlaufen, ein kleines Handtuch vor das Gemächt, aber die meisten bewegen sich nacktürlich.

Toby erzählt, dass es vor dem 2.Weltkrieg nur in den großen Städten nach Geschlechtern getrennte Onsen gegeben hat. Weiblein wie Männlein, jung wie alt gingen einfach gemeinsam in die ca. 80 cm tiefen heißen Becken und ließen es sich gut gehen. Es waren die prüden Amerikaner, die damit Stress hatten und so begann man die Onsens im ganzen Land zu "gendern".
Wir ahlen uns kurz im Hauptbecken mit großen Fenstern in Richtung Ozean. Doch es ist dunkel draußen und man sieht nix.
Es ist kalt draußen und ich trippele so schnell ich kann dem wärmenden Becken entgegen. Ich brauche genau 35 Schritte. Das Becken ist aus Naturstein gebaut. Wir setzen uns hinein und lauschen den an den Strand schlagenden Wellen. Über uns strahlen die Sterne auf samtschwarzem Hintergrund.

Ich dränge Toby eine Diskussion über Philosophie auf und er lässt sich darauf ein.
Mehr Entspannung, zumindest für mich, ist nicht machbar.

Möglicherweise hat Toby sich ja von diesem Schild abhalten lassen: Die Klippe gerade aus von hier, und sie ist sehr gefährlich. Bitte stoppen sie aus dem Becken zu gehen.
Nach einer Stunde gehen wir wieder. So aufgeheizt kann ich würdevoller nach oben steigen und brauche lediglich 27 Schritte.