Oktober

Abschied nehmen von China fällt mir leicht. Ich werde nichts in mir finden, dass mich traurig sein lässt bald nicht mehr hier zu sein. Selbst das chinesische Essen liegt mir mittlerweile meist schal auf der Zunge und bietet selten echte Gaumenfreude. Der große Graben zwischen dem so oft überaus betonten chinesischen Selbstbewußtsein und der Verhaltensrealität so vieler Menschen hier ist mir ein Greul.
Eines aber nehme ich gern mit aus China mit, die Teezubereitung. Bei ihrem letzten Besuch fand Sabine im Reiseführer mal wieder einen Tip, den ich natürlich nie gefunden hätte, weil ich einfach keine Reiseführer lese. Überzeugt, der Konfuziustempel könne eh nicht mehr bieten, als der Lamatempel gleich um die Ecke, hatte ich Konfuzius meinen Besuch bisher versagt. So war das Teehaus gleich gegenüber vom Eingang zum Tempel eine wunderbare Überraschung.

Teezeremonie in Peking verbindet sich leider häufig mit Touriabzocke. In jedem Touriguide wird gewarnt und tatsächlich haben zwei meiner Kollegen ihre teezeremonielle Neugier mit jeweils fast 200 Euro bezahlt. Die Masche funktioniert so, dass meist zwei junge Girls sich als Studentinnen vorstellen, die gern besser Englisch lernen wollten und da biete sich doch die wunderbare Synergie von Tee trinken und ein wenig Plauderei bestens an. Sicher steht auch ein Schild am Eingang, dass darauf hinweist, dass die Teezeremie pro Verkostung 40 RMB, also runde 4 Euro, kostet. Das pro Verkostung jedes einzelne Glas bedeutet und die diese Minischälchen sind und darüber hinaus die beiden jungen Schlepperinnen mitzählen, kriegt man natürlich nicht gesagt.
Hier im "eattee" ist das anders. Das Menü führt verschiedenste Tees vom preiswerten Tee zu 20 Yuan bis zum teuren zu 80 Yuan (ca. 8 Euro derzeit) pro Person. Ist man zu zweit bestellt man sinnvoller Weise zwei verschiedene Sorten und bezahlt dann jeweils nur einen Tee, trinkt die Tees aber natürlich gemeinsam. Fairer geht es nicht. Aber die Besonderheit des Hauses sind nicht nur die vertrauenswürdigen Preise.

Es ist einfach schön hier. Kein schreiendes Rot, kein Glitzern oder Blinkern. Echtholzmöbel verschiedener Stile bestimmen die Einrichtung und viele verschiedene Teekännchen sind attraktive Eyecatcher. Die Ruhe, Unaufgeregtheit und Freundlichkeit die das ganze Teehaus erfüllen, setzen sich in der Teezeremonie fort. In gutem Englisch begleitende Erklärungen gebend, bereitet uns die freundliche junge Frau den von uns georderten Tee zu. Erst in der Mingdynastie sei man auf die Idee gekommen die kleinen Teekännchen zur Zubereitung zu verwenden.

Der Tee, sie verwenden 6 bis10 Gramm pro Kännchen, würde durch diese Zubereitung bis zu 10 Aufgüsse gut schmecken. Mit einer großen Kanne würde man zwar viel Tee zubereiten können, diesen allerdings entsprechend lange ziehen lassen müssen. Die Bitterstoffe würden so immer mit gelöst und den Teegenuss verringern. Die Ming seinen auf die Idee gekommen die Ziehzeiten stark zu verkürzen und dabei aber häufiger aufzugießen.

Jeder Aufguss bleibt nur 4-10 Sekunden, je nach Teeart, in der Kanne und wird dann in ein Glaskännchen abgegossen. So bleibt der Tee im kleinen Kännchen wasserlos bis zum nächsten Aufguss. Diese Art des Tee genießens ist wunderbar zum Reden geeignet. Allerdings braucht sie mehrere Teetrinker, denn eine alte chinesische Regel besagt: Niemals trinke den Tee allein.